Der Bullterrier, eine Meisterleistung englischer Züchter, wurde zu Beginn des vorigen Jahrhunderts als reine Zweck- und Sportzüchtung aus dem englischen Bulldog und dem White-Terrier entwickelt.
Bei den damals in England und Amerika üblichen Hundekämpfen, die sehr beliebt und stark besucht waren und bei denen hoch gewettet wurde, stellte man Hunde gegenüber, die von Jugend an für diese Kämpfe abgerichtet waren. Auch Kämpfe von Hunden gegen Wölfe, Bären, sogar den Silberlöwen wurden arrangiert.
Am beliebtesten waren die schweren, englischen Bulldoggen, die auf Grund ihrer Massigkeit, Beißkraft und Standfestigkeit besonders für diese, meist sehr blutigen Kämpfe geeignet waren. Englische Züchter kamen auf den Gedanken, einen Spezialisten des Kampfes zu züchten. Sie kreuzten, zu diesem Zweck den englischen Bulldog mit dem White-Terrier, der als harter, wendiger und temperamentvoller Hund geschätzt wurde. Hieraus entstand der Bull and Terrier, ein schwerer, massiger Hund, den die Freeborns erstmalig in Oxford zeigten, als Vorläufer des Bullterriers, der einige Jahre später von James Hinks vorgestellt wurde. Es handelte sich um den berühmten "Madman", von dem eine Abbildung in Stonchenges Buch "Dogs of the British Islands" (London 1867) enthalten ist. Die englischen Züchter verfuhren nun mit großer Passion und Konsequenz in der Zuchtauswahl sowie der Aufzucht von Welpen, um einen in jeder Beziehung festen Hund zu schaffen, der Schärfe, Härte, Kampftrieb, Temperament mit robustem Körperbau, Standfestigkeit und Beißkraft verband, der aber auch über so starke Nerven verfügen sollte, daß er eine unerschütterliche Ruhe besitzen sollte.
In keiner anderen Hunderasse wurde in der Zucht so rigoros durchgegriffen wie beim Bullterrier. Die dreimalige Ausmerze zeigt uns besonders deutlich, daß zwar die damaligen Züchter konsequent in Zucht und Aufzucht sein wollten, aber hierbei über das Ziel hinausschossen. Jeder Wurf wurde dreimal gründlich gesiebt, erstmalig sofort nach der Geburt. Die zweite Ausmerze erfolgte beim Beschneiden der Ohren. Diese Operation wurde damals ohne Betäubung vorgenommen, um die Junghunde auf "heldenhaftes" Ertragen von Schmerzen zu prüfen. Jeder Welpe im Alter von acht Wochen, der sich bei dieser grausamen Prozedur nicht bullterriermäßig verhielt, also etwa Urin oder Kot absetzte, wurde getötet.
Die dritte, und die für den Züchter sicherlich schwerste Auslese fand bei Junghunden im Alter von vier Monaten statt. Wer hier nicht das geforderte Wesen zeigte, wurde ebenfalls getötet. Die Züchter durften zu jener Zeit kein Jungtier vor dieser letzten Auslese abgeben. Es kam nicht selten vor, daß von einem Wurf mit sechs Welpen nur noch zwei oder gar einer übrigblieb. Wie unsinnig eine solche Auslese ist, beweist die Tatsache, daß sie sich nicht behaupten konnte und zur Vergangenheit der geschichtlichen Entwicklung einer Rasse gehört. Die Erkenntnisse in der Tierpsychologie sind bereits soweit gediehen, um klar und deutlich solche Methoden zu verurteilen. Die sich ständig verändernde Umwelt im Zusammenhang mit der Zucht einer Rasse formen den Hund im Laufe der Jahre von Erfahrungen und die ständig wechselnden Umwelteinflüsse beeinflussen den Hund, lassen ihn sich sofort der jeweiligen Situation anpassen, und er kann uns daher nur seine augenblickliche Verfassung zeigen. Anerkennenswert war das Bemühen der Züchter, einen äußerst harten Hund zu bekommen. So können wir eine gute Nachzucht verzeichnen. Unsere Hunde sind auf der ganzen Welt bekannt geworden als unerschrockene und nervenfeste Freunde des Menschen.
Das Ziel unserer Zuchtbestrebungen ist: Hervorragende Zucht in Form und Leistung. Ich entsinne mich noch gut der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Da hatte die stets kleine Schar der Bullterrierzüchter ihre besonderen Verkaufsbedingungen. Durchaus nicht jeder, der glaubte Geld zu haben, um einen Hund zu kaufen, konnte einen Bullterrier erwerben. Wir Züchter sahen uns den Käufer gut an und prüften, ob die Verhältnisse auch den Umweltbedingungen für unseren Bull entsprachen. Der Kaufpreis richtete sich nach dem Einkommen des Käufers. So sorgfältig wurde damals der Verkauf eines Bullterriers vorbereitet. Heute sind Hundekämpfe verpönt, und die Umwelt des Bullterriers ist eine andere geworden. Er beschützt den Herrn, das Haus, den Hof und alles, was dazu gehört. Kindern gegenüber offenbart er eine besondere Ruhe und Duldsamkeit. Selbstverständlich gehört der Bullterrier in die Hand eines Menschen, der dem Tier gegenüber sicher und ruhig, aber auch fest die Überlegenheit des "Meuteführers" zeigt. Er muß schon in der Lage sein, den freien, freudigen Anprall bei einer Begrüßung standzuhalten und auch in ständigem Kontakt zu seinem Tier stehen. Geht diese Rechnung auf, dann ist der Bull der ideale vierbeinige Gefährte; geht sie nicht auf, kann er zu einer Plage werden.
Bei all seiner Härte und Robustheit, die im Kampf bis aufs letzte in Erscheinung tritt, ist der Bull Freunden gegenüber empfindsam und sensibel. Es gehört schon eine ganz schöne Portion Können dazu, ihn richtig zu formen, da er Umwelteinflüssen gegenüber höchst selbstständig reagiert.
Man muß es gesehen haben, in welcher Meutegebundenheit und damit auch freudigen Unterordnung dieser harte Hund zu seinem Herrn steht. Wenn man zum Beispiel von einem Ausgang zurückkommt, dann sieht die Begrüßung, mit den Augen eines Außenstehenden betrachtet, bestimmt lebensgefährlich aus. Der Bull springt mit einem Satz aus dem Stand bis zur Höhe des Gesichts, nimmt dann den Unterarm in seinen mächtigen Fang und zerrt so lange, bis man an seinem Lager steht. Das geht dann für den Unterarm nie ohne blaue Flecke ab. Anderen Tieren gegenüber zeigt sich der Bullterrier ruhig, fast gleichgültig. Selbst Angriffe, manchmal sehr giftig zufahrender Hunde, wehrt er mit Ruhe, ohne grob zu sein, ab. Es dauert sehr lange, bis der Bull in Erregung gerät, was, wie bei vielen Hunden, durch eine kleine Nackenbürste gekennzeichnet ist. Wenn er von sich aus auch nie einen Kampf beginnt, so ist er doch ohne Pardon, wenn er auf die eine oder andere Weise in einen solchen
gerät. Im Kampf besitzt er eine unglaubliche Angriffswucht, eine große Startgeschwindigkeit und eine unglaubliche Rammkraft. Sehen wir uns seinen Körper an, so wissen wir, daß er in allen diesen Punkten einen geeigneten Bau hat.
Der Bullterrier hat im Kampf als Ziel, die Kehle des Feindes von unten zu bekommen, was unweigerlich das Ende des Kampfes und des Gegners bedeutet. Er reagiert aber immer so schnell ab, daß er auf ein Wort seines Führers vom Gegner abläßt.
Infolge langer Erfahrungen und Kenntnisse der besonderen Eigenarten des Bullterriers sollte man weniger dem Schutzdienst als vielmehr einer einwandfreien Unterordnung Beachtung schenken. Denn im Laufe der Abrichtung im Schutzdienst steigert sich der Bullterrier in seiner Angriffswut so sehr, daß, wenn nicht genügend Unterordnung vorhanden ist, er wirklich zu einer Gefahr für den Scheintäter werden kann. Daß ein so veranlagtes Tier nicht in falsche Hände gerät, ist Aufgabe der Spezialzuchtgemeinschaft. Wir legen deshalb Wert darauf, daß jeder Besitzer eines Bullterriers organisatorisch erfaßt ist. Und nun noch die Beantwortung einiger Fragen, die immer wieder gestellt werden: Eignet sich der Bullterrier für die Zwingerhaltung? Er eignet sich dazu wie jeder Gebrauchshund. Entsprechend seinem Wesen darf man aber nie den Kontakt zu ihm verlieren, da dadurch das Meuteverhältnis zum Menschen durch ein "Einzelgängertum" verändert wird. Nun zur zweiten Frage: Bekommt der Bullterrier die Staupe? Auf Grund seines kräftigen und robusten Körperbaus tritt diese Krankheit weniger in Erscheinung.
Auch als ausgesprochener Wachhund ist er kaum zu empfehlen, dazu ist er zu ruhig und ohne jedes Mißtrauen. Die Stimme des Bullterriers ist angenehm und tief. Nur beim Hetzen oder im Kampf läßt er ein besonderes Kampfgebell hören, das man noch von keiner anderen Hunderasse gehört hat. Sein Knurren ist tief und hat einen gefährlichen Klang.
Der Besitz eines Bulls ist nicht der Besitz eines Hundes schlechthin, sondern bedeutet eine hohe Verantwortung. Hündinnen werden deshalb im allgemeinen auch nur in gute Züchterhände gegeben, um wildes Züchten und damit Rückgang in der Qualität unserer Hunde zu vermeiden. Durch verschiedene unglückliche Vorkommnisse war die Zucht bei uns in der Deutschen Demokratischen Republik stark zurückgegangen und erst seit etwa zwei Jahren haben wir Anzeichen dafür, daß die Zahl und Qualität unserer Tiere zunehmen.